Veranstaltung: | 41. Landesdelegiertenkonferenz 2019 |
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Tagesordnungspunkt: | Top 1 Grußworte und Formalia |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 23.02.2019 |
Eingereicht: | 14.03.2019, 17:01 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Resolution: Der Kohlekompromiss kann nur ein Anfang sein – kein weiteres Dorf opfern – Strukturwandel zivilgesellschaftlich voranbringen
Beschlusstext
Nach Jahren des klimapolitischen Stillstands hat die Kohlekommission nun
Eckpunkte vorgelegt, mit denen Deutschland wieder auf den Pfad des Pariser
Klimaabkommens kommen kann. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn die in der
Kommission vereinbarten Revisionsklauseln genutzt werden, um einen schnelleren
Ausstieg zu forcieren. Nicht ohne Grund geben sich z.B. Schüler*innen mit dem
bisherigen Ergebnis nicht zufrieden, streiken unter dem Motto "fridays for
future" und fordern weitere ambitionierte Schritte. Nach dem Bericht der
Kohlekommission ist klar, dass uns noch harte Kämpfe um die Ausgestaltung des
Kohleausstiegs bevorstehen. Dennoch sind die Eckpunkte ein wichtiges Signal,
dass Deutschland als großes Industrieland aus der Kohle aussteigt. Ohne den
langjährigen Druck der Umwelt- & Klimabewegung sowie von uns Bündnisgrünen wäre
dies nicht möglich gewesen.
Nun müssen Bundesregierung und Landesregierungen die Empfehlungen der Kommission
zügig in Gesetzestexte gießen und umsetzen. Mit Blick auf die fortschreitende
Klimakrise sowie die Klimaziele ist klar, dass der Kohleausstieg in Deutschland
und Brandenburg deutlich früher abgeschlossen sein muss als 2038. Damit die in
der Kommission vereinbarten Revisionsklauseln nicht zur Senkung, sondern zur
Einhaltung der Klimaziele genutzt werden, braucht es deshalb weiterhin großen
Druck von Klimaschützer*innen. Denn die Brandenburger SPD steht nicht für mehr,
sondern weniger Klimaschutz: Nach wie vor kämpft sie für die Umsetzung des
sogenannten Revierkonzepts der LEAG, mit dem der Brandenburger Kohleausstieg in
die 2040er Jahre verschoben würde!
Für NRW hat die Kohlekommission zeitnahe Meilensteine empfohlen, u. a.
umfangreiche Kraftwerksabschaltungen bis 2022 und den Erhalt des Hambacher
Waldes. Für Brandenburg dagegen ist weiterhin offen, ob der Tagebau Welzow Süd
II noch kommt. Für die direkt und indirekt in der Kohle Beschäftigten gibt es
damit keine Planungssicherheit. Und auch die Einwohner*innen von Proschim wissen
weiterhin nicht, ob ihr Dorf abgebaggert wird. Verantwortlich dafür sind vor
allem Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Amtsvorgänger Matthias Platzeck.
Sie haben in der Kommission die Absage an den neuen Tagebau Welzow Süd II, und
damit auch ein klares Bekenntnis für den Erhalt Proschims, abgelehnt. Und das,
obwohl die SPD bereits vor vielen Jahren versprochen hatte, dass Horno das
letzte Dorf sei, welches aufgrund der Kohle verschwinde. Dass das
Kommissionsmitglied Hannelore Wodtke als Vertreterin der Welzower Tagebaurand-
Betroffenen das Kommissionsergebnis deshalb nicht mittragen konnte, ist für uns
Bündnisgrüne mehr als verständlich. Gemeinsam kämpfen wir weiter gegen den neuen
Tagebau und für den Erhalt Proschims! Auch bereits genehmigte Tagebaue wollen
wir verkleinern.
Neben dem Ausstieg aus der Kohleverstromung muss endlich der begleitende
Strukturwandel angepackt werden. Laut Kommission sollen dafür in den nächsten 20
Jahren 16 Milliarden Euro für die Lausitz bereitgestellt werden. Für uns steht
fest: Die Gelder können nur prozessbegleitend ausgereicht werden, wenn der
Kohleausstieg auch tatsächlich stattfindet! Sie müssen konkret dem
Strukturwandel zu Gute kommen und dürfen nicht als Entschädigungen an die
Braunkohle-Industrie fließen. Außerdem sprechen wir uns für eine deutlich
stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft aus: Zehn Prozent der Bundesmittel
sollen für zivilgesellschaftliche Projekte, soziales Unternehmertum, kulturelle
Projekte etc. verwendet werden.
Zu einem erfolgreichen Strukturwandel gehören für uns sowohl die Weiterbildung
der Beschäftigten, der Ausbau der Schieneninfrastruktur (etwa die
Elektrifizierung der Bahnstrecke Cottbus-Görlitz und der zweigleisige Ausbau der
Strecke Lübbenau-Cottbus), Investitionen in Zukunftstechnologien rund um
Digitalisierung und Energiewende sowie die Ansiedlung von
Forschungseinrichtungen und Bundesbehörden. Wir drängen darauf, dass umgehend
geklärt wird, nach welchen Kriterien und über welche Verfahren entsprechende
Strukturwandelprojekte vom wem wo eingebracht werden können. Wir fordern einen
Staatsvertrag für die Lausitz! Der von der Landesregierung bereits vor Jahren
angekündigte Leitbildprozess muss endlich starten. Wir wollen eine gemeinsame
Vorstellung davon entwickeln, wohin es nach dem Kohleausstieg gehen soll und wie
das Selbstverständnis der Lausitz im Jahr 2050 aussehen könnte.
Wer am 1. September 2019 in Brandenburg Bündnis 90/Die Grünen wählt, stimmt für
Klimaschutz und den schnellstmöglichen Kohleausstieg, gegen den Tagebau Welzow
Süd II und für den Erhalt Proschims. Wir kämpfen weiter für einen nachhaltigen,
mit den Menschen vor Ort gestalteten Strukturwandel in der Lausitz.